Online-Magazin des Regnum Christi und der Legionäre Christi

Dem einen Schaf nachgehen

Wie gebe ich den Glauben weiter? Das ist die Grundfrage der Kirche. Doch es geht nicht darum, einfach meinen Glauben an jemand weiterzugeben. Es muss auch dessen Glauben werden, es bedarf auch dessen persönlicher Entscheidung für den Herrn. Das ist wesentlich. Damit tun wir uns als schwindende Volkskirche schwer, weil das Grundnarrativ und christliche Umfeld weggebrochen sind. Leiter Pater George Elsbett LC schildert, was sich im „Zentrum Johannes Paul II.“ in Wien bei der Glaubensweitergabe in unserer Zeit als hilfreich herausgestellt hat.

Christlicher Glaube heißt: Frei entscheiden, die Liebe Gottes zu bejahen – eine Liebe, die in Jesus Christus Gestalt angenommen hat – und ihn zum Zentrum des Lebens zu machen. Damit beginnt Jüngerschaft. Welche Konsequenzen hat das für uns im Zentrum?

1. Beziehungen mit Menschen leben, die Jesus nicht kennen. Gibt es wenigstens eine Person, über die du trauerst, weil sie Jesus nicht kennt? Und bricht das dein Herz so, dass du Zeit in diese Beziehung investierst? Vorbehaltlos, sodass sich durch dich etwas von der vorbehaltlosen Liebe Gottes widerspiegelt?

Es ist leichter, sich um die „99 Schafe“ (vgl. Lk 15,3-6) zu kümmern als um das eine verlorene, ihre Nöte und Bedürfnisse sind groß. Es braucht die Entscheidung: Das Beste für die 99 wird es sein, sich ein Beispiel an Jesus zu nehmen, der sie verlassen hat, um das eine Schaf zu suchen. Zeit mit Fernstehenden zu verbringen heißt auch, dem Herrn zu vertrauen, auch wenn ich überfordert bin. Es bedarf auch des Bewusstseins sehr vieler in der Gemeinde, dass wir absichtlich nach unten (Alter) und nach außen (Mission) gehen müssen anstatt nach oben (Alter) und nach innen (Beschäftigung mit uns selbst).

2. Sich für das eine Schaf interessieren. Die hl. Mutter Teresa sagte, wenn sie Christus nicht in dem einen Menschen berührt und sich entschieden hätte, den ersten von der Straße zu holen, dann wären die Tausenden danach auch nicht gekommen. Es geht um echte Freundschaft. Ich muss vorbehaltslos lieben, selbst wenn dieser Mensch vielleicht niemals den Herrn annehmen wird. Echte Liebe teil, was einem am wichtigsten ist. Das ist der beste Raum, in dem der Herr wirken kann, um den Keim des Glaubens im Herzen einzupflanzen.

3. Einen Rahmen für authentische Glaubenserfahrung ermöglichen. Gott will die Menschen berühren. Wir versuchen im Zentrum den Rahmen dafür zu schaffen. Daher beten wir vor jeder hl. Messe mit dem Team. Und wollen die Messen am Wochenende so gestalten, dass gläubige Gemeindemitglieder sich sicher genug fühlen, um ihren „einen“ einzuladen. Unsere Elemente für den Rahmen sind:

a. Eine Predigt, die nichts an Glaubenswissen oder Praxis voraussetzt, aber die Relevanz des Glaubens für das Leben aufzeigt. Oft fällt reine Glaubenslehre ins Nichts, weil das Grundnarrativ nicht mehr vorhanden ist.

b. Eine Musik und Feier, die von Schönheit und echtem Glaubensgeist durchdrungen ist. Man merkt, ob ein Musiker über Gott oder mit Gott redet.

c. Ein echtes Interesse an den Menschen. Kein manipulatives „ich bin jetzt nett zu dir, sodass du Teil von uns wirst“, sondern vorbehaltlose Liebe.

Diese drei Punkte sind hilfreich für eine junge Generation, die Antworten und relevante Erfahrungen sucht. Es bedarf des Bewusstseins und des Commitments (Selbstverpflichtung) von Priestern, Laien, Mitarbeitern und Freiwilligen der Gemeinde: Das Rettungsboot der Kirche ist nicht dazu da, bloß Partys für Christenmenschen zu veranstalten, sondern um sich der Gefahr des Meeres auszusetzen und Menschen aus dem Meer zu fischen. Nicht, weil wir uns mit wachsenden Zahlen brüsten oder mit dem größeren Zentrum (ab Herbst 2025) angeben wollen, sondern weil es uns um jeden einzelnen Menschen geht, der am Ertrinken ist.